Der „Krankenstand“ – ein „eCard-Urlaub“?

Was bitte soll ein „eCard-Urlaub“ sein? – Das ist eine typisch österreichische Bezeichnung für den Zustand der Arbeitsunfähigkeit, welche immer noch hartnäckig „Krankenstand“ genannt wird. Ich möchte mich ein wenig mit beiden Begriffen aus der Sicht meiner – mittlerweile reichen – Erfahrung beschäftigen: Die Bezeichnung „eCard-Urlaub“ und manchmal auch die Tatsache, wer und wie der Begriff verwendet wird, lässt oft schon auf einiges schließen. Er wird meist von Menschen verwendet, die auch Sätze äußern wie: „Ich hab eh heuer noch keinen Krankenstand gehabt!“ oder „Ich hab noch einen Krankenstand für heuer offen!“, etc. Prinzipiell: Sie sehen schon, dass beide Begriffe den Zustand der Arbeitsunfähigkeit bezeichnen. „Krankenstand“ ist zwar kürzer, sollte aber durch den Begriff „Arbeitsunfähigkeit“(AU) längst ersetzt sein. Ob ein Mensch arbeitsfähig ist oder nicht, ist in Österreich rechtlich klar definiert eine ärztliche Entscheidung. Entweder im unmittelbaren Kontakt mit dem Arzt, der die Erkrankung/Verletzung feststellen muss, welche die Arbeitsunfähigkeit hervorruft, oder seltener ohne direkten Kontakt mit dem Arzt, wenn nach Entlassung aus ambulanter/stationärer Betreuung nach Unfall/Erkrankung/Verletzung der Befund vorliegt. Dieser muss aber wenigstens der Ordinationsassistenz des Arztes vorgelegt werden. In diesem Falle muss der Erkrankte nicht zwingend selbst anwesend sein. Andere Möglichkeiten soll es auch geben, wie man so hört und liest, diese sind aber hochgradig gesetzeswidrig und für den Arzt strafrechtlich relevant. Auf faktisch jedem Formular – egal welcher Krankenkasse – stehen „Ausgehzeiten“ vermerkt, an die man sich als nicht arbeitsfähiger Mensch halten sollte. Allerdings gibt es schon seit Jahren faktisch keine Krankenbesucher mehr, die das überprüfen. Wenn auf besagtem Formular „Bettruhe“ vermerkt ist, bedeutet das, dass der Erkrankte sich zu Hause aufhalten muss, ausgenommen Arzt/Apothekenbesuche, eventuell noch dringliche Einkäufe – aber nicht in der Modeboutique oder im Baumarkt. Es ist aber nicht prinzipiell so, dass man nicht fort darf, alles was die Genesung fördert, ist erlaubt. Einem an einer Depression Erkrankten wird ein Spaziergang im Freien durchaus wohl tun, ein laut AU Meldung an Grippe Erkrankter auf dem (Pfuscher-)Baugerüst wird Schwierigkeiten haben, dies als die Gesundung fördernde Maßnahme zu erklären! Österreich verlassen darf man im Zustand der AU nicht, außer mit chefärztlicher Genehmigung nach Antrag! Scheuen Sie sich aber nicht, im Falle einer Erkrankung, die Sie im wohlverdienten Urlaub so niederstreckt, dass Sie auch nicht arbeitsfähig wären, einen Arzt aufzusuchen. Eine AU-Bescheinigung spart in diesem Falle den Erholungsurlaub auf! Und ein schöner Urlaub wär´s ja auch nicht mit Fieber und Kopfweh oder ähnlichen Krankheitszeichen. Urlaub – das war ein schönes Stichwort, ich wünsche Ihnen einen erholsamen Sommerurlaub (nicht eCard, sondern CreditCard finanziert)!

Die meisten von uns, so auch ich, sind hoffentlich gut erholt aus unseren Urlauben an den Arbeitsplatz zurückgekehrt. Der nächste Urlaub ist noch weit, so mancher denkt vielleicht an einen Kuraufenthalt – und schon gibt es Wissenswertes für danach: Oftmals bestehen auch Unklarheiten über AU nach Kuraufenthalten. Eine AU in einem solchen Fall ist nur zu attestieren, wenn eine Kurreaktion eine Berufstätigkeit nicht möglich macht. Eine „Automatik“ für noch eine Woche anschließend an eine Kur gibt es nicht, eine Kur sollte schließlich auch zur Verbesserung der Arbeitsfähigkeit beitragen! Auch Eingriffe wie Magen-, Darmspiegelungen, oder nicht krankheitsbedinge Operationen (Brustvergrößerung, Nasenkorrektur, etc.) sowie deren Vorbereitungszeit sind keine Gründe für eine AU-Bescheinigung! Für die Genesung bei und nach solchen Eingriffen sind Urlaubstage zu verwenden! Nicht einmal allen (Fach-)Ärzten ist das immer bewusst. Ausgenommen sind unerwartete Folgen wie Infektionen oder andere nicht vorhersehbare Zwischenfälle, die dann eine AU rechtfertigen. Obige Tatsache ist somit immer wieder Anlass zu verzichtbaren Misstönen in der Allgemeinpraxis, auch wegen der Falschaussagen in vielen Facharztpraxen, dass dort keine AU- Bescheinigungen ausgestellt werden könnten! Das kann definitiv jeder Kassenvertragsarzt (egal ob Facharzt oder Arzt für Allgemeinmedizin). Ersparen Sie sich oder Ihren Angehörigen einen zusätzlichen Weg und Wartezeit. Aus meiner Erfahrung gibt es nur einige Fachärzte für Frauenheilkunde, die AU-Bescheinigungen ausstellen. Ich freue mich schon jetzt darüber, wenn es mehr Fachärzte werden, die Sie und mich entlasten. AU bedeutet, dass man seinen Beruf nicht ausüben kann; es ist durchaus verständlich, dass z.B. ein Unterschenkelgipsverband einem Bauarbeiter die Arbeit unmöglich macht, aber ein Angestellter mit vorwiegend sitzender Tätigkeit nicht zwingend arbeitsunfähig sein muss. Diese Entscheidung ist für uns als Ärzte nicht immer leicht und für den Patienten nicht immer leicht nachzuvollziehen. Mit leichter Hand ausgestellte AU-Bescheinigungen machen manchen Arzt vordergründig zum „guten“ Arzt, machen aber bei Überprüfungen durch die Kassen keinen vertrauenswürdigen Eindruck. Hier wäre auch zu erwähnen, dass wir Ärzte dazu angehalten werden, von vornherein befristete AU-Bescheinigungen auszustellen! Bis vor wenigen Jahren war ein „Gesundschreiben“ maximal für den „übermorgigen“ Tag möglich. Kontrollieren Sie also bitte gleich beim Arzt, ob Beginntag der AU stimmt und auch schon ein Ende vermerkt ist! Erspart zusätzlichen Aufwand ihrer- und ärztlicherseits. Eine Abmeldung aus der AU kann auf verschiedene Arten erfolgen, idealerweise beim betreuenden Allgemeinmediziner, aber auch über den Kontrollarzt der Kassen und sogar über das Internet. Bitte verständigen Sie Ihren Arzt von der Beendigung ihrer AU, wenn die Abmeldung nicht in seiner Ordination stattfand (sonst dümpelt eine offene AU im eCard-System herum – nicht alle [Kontroll-]Ärzte sind eCard-AU-fähig)! Hoffentlich ist es mir gelungen, eine gefährliche Halbweisheit zu entkräften! Ich schreibe im Übrigen bewusst ohne „Binnen-I“, ohne diskriminierend wirken zu wollen.